Von Mitte Mai bis Ende Juli 2013 war ich 10 Wochen in Sambhali Trust als Freiwillige tätig. Jeden Nachmittag bin ich in das Projekt „Sisters for Sisters“ gegangen, das in einem staatlichen Waisenhaus stattfindet und in dem es um Nachhilfe und Freizeitgestaltung für die Mädchen dort geht. Die zweistündigen Besuche von Sambhali-Freiwilligen bringen etwas Farbe und Leben in den Heim-Alltag der Kinder – von einem der Nachmittage dort möchte ich hier berichten, um einen kleinen Einblick in die Freiwilligen-Arbeit zu geben.
„Didi, Didi!“ (Hindi: große Schwester) – als wir Freiwilligen auf das Waisenhaus zulaufen, rufen uns die Mädchen wie jeden Tag schon durch die offenen Fenster zu. Die Tür wird aufgeschlossen und vor allem die jüngeren Kinder laufen auf uns zu und freuen sich, einzeln mit ihrem Namen angesprochen und über den Kopf oder Rücken gestreichelt zu werden. Nach dieser ausgiebigen Begrüßung bleibt für uns dann gerade noch Zeit, die Schuhe auszuziehen, dann wollen uns die Mädchen wie immer in Richtung des Schranks führen, in dem Spiele, Malsachen, Hüpfseil, Ball usw. untergebracht sind. Heute haben wir aber erst mal etwas anderes vor – ein paar haben auch schon die große Rolle entdeckt, die ich unter dem Arm trage, und schauen mich fragend an: „Didi?! Didi, this?!“ Wir hängen die zusammengerollte Weltkarte auf und die Kinder setzen sich im Halbkreis davor. Ganz einig sind sie sich noch nicht, was sie da vor sich haben – ist das eine Karte von Indien? Oder sind da auch Frankreich und Deutschland drauf – zwei Orte, wo die Freiwilligen herkommen und die wo auch immer sind?!
Wir zeigen auf der Karte, wo Indien liegt und wo Rajasthan und Jodhpur sind. Dass ihre Stadt auf so einer großen Karte eingezeichnet ist, begeistert die Kinder. Über den Rest der eingezeichneten Länder und Kontinente herrscht noch ziemliche Verwirrung – wo ist noch mal Amerika? Und was ist eigentlich Australien… ?! Mit Hilfe von mitgebrachten Bildern stellen wir die unterschiedlichen Teile der Welt vor und zeigen Fotos von Tieren, Essen, Kleidung usw. aus den verschiedenen Regionen. Diese kleine Weltreise ist für die Kinder unglaublich spannend: Wie lustig so ein Känguru doch eigentlich aussieht, und wenn man sich dann noch vorstellt, dass es springt… Manche traditionellen Trachten gefallen ihnen ganz eindeutig nicht, die können einfach nicht mit den bunten Farbkombinationen und Mustern klassischer indischer Kleidung mithalten! Von Pizza und Hamburger haben die meisten schon mal gehört, es wäre auch schön, sowas mal zu probieren… Als dann die Fotos von Pfau, Chapati und Sari gezeigt werden, ist die Freude und Begeisterung aber eindeutig am größten!
Gemeinsam kleben wir die Fotos auf die Weltkarte, die dort hängen bleibt. In den kommenden Wochen werden wir Freiwilligen immer wieder gefragt: „Zeig doch noch mal, wo kommst Du her? Was esst ihr denn da? Und wie war das noch mal mit dem Känguru und dem Beutel…?!“
Arnica S.

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